Wie Du es schaffst, dass Deine Stimme nicht wegbricht, indem Du die Mechanismen verstehst und Dir die Macht über Deine Stimme zurückholst.

Die Stimme „bricht weg“, „wird brüchig“, „kippt nach oben weg“, … – es gibt viele Beschreibungen für das Phänomen, für kurze Zeit nicht mehr „Herr seiner Stimme“ zu sein und sie nicht mehr im Griff zu haben. Gefühlt gleitet die Stimme in diesen Situationen aus unseren Händen wie nasse Seife, die wir doch gerade noch fest in der Hand gehalten haben. Doch wie kann es passieren, dass die Stimme derart verrückt spielt?

Unsere Stimme hat 2 Register.

Unsere Stimme lässt sich in Register einteilen, wobei ein Register aus einer Sammlung von Tönen besteht, die einen ähnlichen Klang aufweisen. Die beiden wichtigsten Register sind die Bruststimme und die Kopfstimme. Die Bruststimme ist uns wohl bekannt, weil wir in dieser üblicherweise sprechen. Die Kopfstimme hat verstärkt beim Singen Relevanz – gerade im klassischen Bereich, wie in der Oper, wird davon sehr viel Gebrauch gemacht. Zwischen den beiden Registern gibt es einen Übergangsbereich – an einem bestimmten Punkt kippt die Stimme in das jeweils andere Register. Wenn man sich dessen nicht bewusst ist, kann das den Effekt des Brüchigen, des Wegbrechens verursachen.

 

Wenn wir doch in der Bruststimme sprechen, warum ist das mit den Registern dann fürs Sprechen relevant? 

Besonders Frauen tendieren dazu, höher zu sprechen, als es ihre natürliche Stimme vorgibt. Noch stärker in Situationen, in denen sie nervös oder emotional aufgebracht sind. Wenn sie dann noch versuchen, lauter zu sprechen, bleibt die Stimme manchmal sogar ganz weg. Es gibt Frauen, die nur einzelne Wörter in der Kopfstimme sprechen und dann wieder zurück in die Bruststimme wechseln. Bei manchen Frauen tritt dieser Effekt nur auf, wenn sie mit bestimmten Menschen sprechen. In beiden Fällen ist damit das Thema Kopfstimme relevant, auch wenn es um Sprechtraining geht.

Wir sprechen NUR in der Bruststimme!

Was zeichnet nun beide Stimm-Register aus? 

Die Bruststimme wird auch als Vollstimme bezeichnet. Wenn man diese Lage beim Sprechen nutzt, schwingen die kompletten Stimmlippen und die Stimme wird im ganzen Körper spürbar. Sie geht tief nach unten und man fühlt sich fast, als könnte man Wurzeln schlagen. Du kannst sie aktivieren, in dem Du ohne großes Nachdenken „STOP“ oder „HALLO“ rufst.

Die Kopfstimme fühlt sich ganz anders an. Am besten, Du denkst an einen winselnden Hund und versuchst, das Geräusch nachzuahmen. Wo spürst Du die Töne jetzt? Der bedeutende Unterschied der Kopf- zur Bruststimme ist, dass bei der Kopfstimme nur noch die Randbereiche der Stimmlippen schwingen. Das liegt daran, dass die Stimmbänder für höhere Töne stärker gespannt sind und gar nicht mehr alles in vollem Umfang schwingen kann. Die Kopfstimme wird deshalb auch als Randstimme bezeichnet. Im Klang ist sie damit nicht so voll, füllig und kräftig wie die Bruststimme, stattdessen eher zart und weich. Du könntest mit ihr nicht wirklich laut rufen. Als Learning für Dich: Je höher wir mit der Stimme kommen, desto stärker sind die Stimmlippen gespannt. Die Kopfstimme sollte deshalb nicht Teil der regulären Sprechmelodie sein.

 

 

Genug der Theorie: Was kannst Du tun? 

  • Deine Eigenton-Lage finden: Zunächst ist es wichtig, Dein Stimm-Zuhause zu finden und zu festigen. Erste Übungen sind entspanntes Zustimmen, wenn Dir jemand etwas erzählt oder auch ein leichtes Summen, während Du an etwas Genüssliches denkst. Hier wirst Du vermutlich schon merken, dass Du sonst meist höher sprichst. 

  • Körperspannung und tiefe Bauchatmung aktivieren: Wenn Du Dir vorstellst, eine Kerze schnell und ruckartig auszupusten, dann wird sich Dein Bauch zusammenziehen. Danach löst er sich, er entspannt und die Luft strömt wie von selbst wieder ein. Damit spürst Du, wo Du eigentlich beim Sprechen atmen müsstest und welche Regionen hier noch mit beteiligt sind. Das ist deshalb wichtig, weil die Körperspannung zu viel Druck, der z.B. entsteht, wenn man lauter und wütender spricht, an den Stimmlippen etwas abfedern kann. Damit bricht Dir die Stimme nicht unmittelbar weg. Du hast damit einen kleinen Puffer, der gerade bei Nervosität hilfreich ist. 

  • Den eigenen Stimmklang pflegen: Eigenton gefunden und Körperspannung aktiviert: das ist der erste Schritt, der nun aber gefestigt und geübt werden muss. Ziel ist es, im eigenen Klang zu bleiben und nur durch bewusste sprachliche Gestaltung (z.B. wenn Du Begeisterung ausdrücken möchtest) kurz davon abzuweichen. Die hohen Töne – in der Kopfstimme gesprochen – werden nach und nach weniger und Deine Stimme erhält einen vollen Klang, der mehr gehört wird – auch wenn es mal lauter wird. Das ist ein längerer Prozess – je nachdem, wie lange und wie viel Du Deine Kopfstimme bisher nutzt. 

 

Was Du hieran siehst: Du kannst etwas tun – mit geeigneten Übungen zu Deinem Stimmklang finden und die hohe, dünne Stimme zunehmend in eine volle und kräftige Stimme umwandeln. Der Prozess macht Deine Stimme belastbarer, kräftiger und durchsetzungsstark. 

PS: Stimmbänder und Stimmlippen sind streng genommen nicht dasselbe. Die Stimmlippen sind das ganze Konstrukt, die Stimmbänder nur ein Teil davon. Stimmbänder + muskuläre Schicht + Schleimhaut = Stimmlippen und nur im Zusammenspiel entstehen Töne. Die Schleimhaut ist mit ihrem Sekret sehr wichtig, da es die Stimmbänder feucht hält. Werden sie trocken, kommt es zu Heiserkeit.